Rechte bei Verletzung des Vorkaufsrechts
Verkauft ein Gesellschafter seinen Anteil an der russischen GmbH (OOO) an einen Dritten unter Verletzung des Vorkaufsrechts der übrigen Gesellschafter, können die übrigen Gesellschafter die Übertragung der Anteile an sich selbst verlangen. Die Rechtsübertragung kann nur drei Monate ab Kenntnis von der Verletzung durch gerichtliches Gestaltungsurteil vor dem russischen Wirtschaftgericht geltend gemacht werden (Art. 21 Abs. 18 RusGmbHG). Ebenso wie im deutschen Recht tritt der Gesellschafter in die Rechte und Pflichten des Kaufvertrages anstelle des Dritten ein. Die russischen Gerichte tenorieren indes nur die Übertragung des Geschäftsanteils und den Eintritt in die Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag. Folge ist, dass die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung im Urteil für den Geschäftsanteil nicht selbst ausgesprochen wird in mithin nicht vollstreckbar ist, während der klagende Gesellschafter – praktisch kostenlos – an Geschäftsanteil kommt.
Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Kaufpreises
Der Kaufpreis ist dann gesondert einzuklagen, wobei wegen der Unlogik der russischen Zuständigkeitsvorschriften, die Zuständigkeit für die Kaufpreisklage an deutsche Gerichte fallen kann. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der Gesellschafter in Deutschland sitzt. Die deutschen Gerichte haben dann zu klären, wann der Kaufpreis fällig wird. Das russische Recht klärt den Zeitpunkt des Rechtsübergangs aber nicht klar und eindeutig. Für den Zeitpunkt der Rechtsänderung kommen verschiedene Möglichkeiten in Frage. Zum Besipiel der Eintragungstag der Rechtsänderung in das russische Handelsregister oder der Verkündungszeitpunkt des Gestaltungsurteils oder die Rechtskraft des Gestaltungsurteils.
Zeitpunkt des Anteilsübergangs nach der neuen Rechtsprechung
In dem von Geisthardt & Partner verhandelten Fall ließ das deutsche Gericht per Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches Privatrecht[1] den Zeitpunkt der Anteilsübertragung klären. Im Ergebnis gilt der Zeitpunkt der Verkündung des Gestaltungsurteils als Übertragungszeitpunkt des Geschäftsanteils, ohne dass es einer Eintragung in das russische Handelsregister bedarf. Damit ist auch die Kaufpreisfälligkeit eindeutig. Zur Untermauerung der von uns vertretenen Ansicht verweist das Institut auf zwei russische Urteile, die mittelbar von diesem Ergebnis ausgehen[2].
[1] Gutachten im Fall Blasberg ./. Hochmuth vom 07.08.2017.
[2] Entscheidung des 12. Wirtschaftsappelationsgerichts vom 08.04.2015, Az. 12AP-998/15; Entscheidung des Wirtschaftsgerichts des Povolzhsky Bezirks vom 06.07.2015, Az. F06-24129/15 in der Sache A57-15956/2014.