Zur Anerkennung und Wirkung russischer Insolvenzentscheidungen in Deutschland und Österreich

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Russland ist in Deutschland anzuerkennen ohne dass es einer besonderen Anerkennungsentscheidung bedarf. Die Prüfung der Anerkennungsfähigkeit erfolgt außerhalb des Anwendungsbereiches der EuInsVO, so dass das inländische Insolvenzgericht nur zu prüfen hat, ob der russische Eröffnungsbeschluss gemäß § 343 InsO im Inland anzuerkennen ist[1]. Den Inhalt ausländischer Rechtsvorschriften hat das Registergericht … Weiterlesen

Zu den Haftungvoraussetzungen eines Geschäftsführers einer russischen OOO (GmbH) für Fehlverhalten gegenüber der Gesellschaft

In Betracht kommt sowohl der allgemeine deliktische Anspruch (1064 Abs. 1 ZGB Rus[1]), als auch die Anspruchsgrundlage für die Geschäftsführerhaftung gemäß Art 53.1 Abs. 1[2] ZGB Rus und Art. 44 Abs. 2[3] des GmbHG Rus, deren Voraussetzungen weitgehend dem deutschen § 43 Abs. 2 GmbHG entsprechen. Art. 53 Abs. 3[4] ZGB Rus statuiert die Loyalitäts- und Treuepflicht des … Weiterlesen

Zur Verjährung eines Schadenersatzanspruchs in Russland

Die zentralen Verjährungsvorschriften des Zivilgesetzbuches Russlands („ZGB Rus“) sind: Artikel 196 ZGB Rus (Allgemeine Verjährungsfrist) (1) Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab dem gemäß Artikel 200 dieses Gesetzbuchs festgelegten Zeitpunkt. (2) Die Verjährungsfrist darf zehn Jahre ab dem Zeitpunkt der Verletzung des Rechts, für dessen Schutz diese Frist festgelegt ist, nicht überschreiten, außer in … Weiterlesen

Russland legalisiert Patentrechtsverletzung gegen Rechteinhaber unfreundlicher Staaten – gewerbliche Schutzrechte im Kriegsmodus

Die russische Regierung legalisiert mit der Verordnung Nr. 299 vom 06.03.2022 N 299 „Über die Änderung von Punkt 2 der Methodik zur Bestimmung von Ausgleichszahlungen an die Rechteinhaber von Patenten, Gebrauchs- und Industriemustern“ die grundsätzlich verbotene Nutzung von gewerblichen Schutzrechten. Verwehrung des Rechts auf Ausgleichzahlung Rechteinhaber dürfen für Patentverletzungen keine Ausgleichszahlungen mehr verlangen. Die Regierung … Weiterlesen

Zum Verbot der grenzüberschreitenden Datenverarbeitung in Russland

Die Frage der Reichweite des russischen Gebotes, personenbezogene Daten russischer Staatsbürger nur auf in Russland befindlichen Servern zu verarbeiten (Art. 18 Abs. 5 RusDSchG), ist in der russischen Rechtsprechung und Verwaltung noch immer nicht einheitlich geklärt. Aufgrund praktischer und rechtlicher Zwänge, zeichnet sich aber ein liberaler Ansatz ab, der dogmatisch wie folgt begründet wird: Im … Weiterlesen

Anerkennung russischer Gerichtsentscheidungen in Deutschland – Verbürgung der Gegenseitigkeit im Verhältnis zur Russischen Föderation


1. Verbürgung der Gegenseitigkeit im Allgemeinen[1]

Gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ausgeschlossen, wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Die Gegenseitigkeit ist verbürgt, wenn die Anerkennung und Vollstreckung eines entsprechenden deutschen Urteils in dem Urteilsstaat auf keine wesentlich größeren Schwierigkeiten stößt als die Anerkennung und Vollstreckung des anzuerkennenden Urteils in Deutschland, wobei bei der Prüfung auf die Praxis des ausländischen Staates abzustellen ist, also auf die tatsächliche Übung[2].

Das russische Recht lässt die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen ausländischer Gerichte grundsätzlich nur zu, wenn dies in einem völkerrechtlichen Vertrag geregelt oder gesetzlich vorgesehen ist.

Die vorliegend einschlägige Vorschrift des Art. 241 Punkt 1 der Wirtschaftsprozessordnung lautet in deutscher Übersetzung:

Entscheidungen der Gerichte ausländischer Staaten, die in Sachen gefällt wurden, die mit unternehmerischer und anderer wirtschaftlicher Tätigkeit zusammenhängen (…) werden in der Russischen Föderation anerkannt, wenn die Anerkennung und Vollstreckung solcher Entscheidungen durch einen völkerrechtlichen Vertrag der Russischen Föderation und ein Föderales Gesetz vorgesehen ist. 

Ein solcher völkerrechtlicher Vertrag liegt im Verhältnis zwischen Russland und Deutschland nicht vor. Eine gesetzliche Regelung im russischen Recht, die die Anerkennung einer entsprechenden Entscheidung dennoch anordnen würde, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Trotz des eindeutigen Wortlauts ist es in der russischen Rechtswissenschaft allerdings stark umstritten, ob das russische Recht nicht auch eine Anerkennung auf der Grundlage der Gegenseitigkeit im Verhältnis zu den Staaten erlaubt, mit denen keine völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen sind. Auch die Rechtsprechung ist uneinheitlich. Es gab einige Entscheidungen, in denen eine Anerkennung auch ohne einen völkerrechtlichen Vertrag erfolgte[3].

2. Keine Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Russland

 Die Frage, ob die Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Russland als verbürgt anzusehen ist, wurde allerdings im Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vor kurzem verneint[4].

Unabhängig von der Frage, ob die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts in der Sache richtig war[5], ist davon auszugehen, dass die Gegenseitigkeit aus Sicht der russischen Gerichte nunmehr nicht verbürgt ist. Selbst wenn die russischen Gerichte grundsätzlich dazu bereit sind, Urteile ausländischer Gerichte auf der Grundlage der Gegenseitigkeit anzuerkennen, würde die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts dies im Verhältnis zu Deutschland wohl unmöglich machen.

Damit ist die Anerkennung von Urteilen russischer Gerichte in Deutschland grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Dies gilt auch für Urteile, die keiner Vollstreckung bedürfen.

[1] Der Artikel enthält Abschnitte aus dem Aufsatz Eugenia Kurzynsky-Singer, Wirkungen von zivilrechtlichen Gestaltungsurteilen russischer Gerichte in Deutschland, Deutsch-russische Rechtszeitschrift (DRRZ) 2018, S. 25-32.

[2] Musielak/Voit-Stadler, ZPO (14. Aufl. 2017), § 328 Rn. 31. Sinn und Nutzen des Gegenseitigkeitserfordernisses bei der Urteilsanerkennung werden im Schrifttum stark angezweifelt, vgl. nur Basedow FS Coester-Waltjen (2015), 335 ff. (346).

[3] Ausführlich und mit einzelnen Nachweisen: Kurzynsky-Singer, Anerkennung ausländischer Urteile durch russische Gerichte, RabelsZ 2010, 493-521.

[4] OLG Hamburg 13.07.2016, BeckRS 2016, 15565.

[5] Zur Kritik an der Entscheidung siehe z.B. Schramm, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen staatlicher Gerichte im deutsch-russischen Rechtsverkehr, WiRO 2017, 72-74.

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Die russische OOO – Vorkaufsrecht der GmbH-Gesellschafter, Wirksamkeit des Eintritts in den Anteilskaufvertrag, Fälligkeit des Kaufpreises.

Rechte bei Verletzung des Vorkaufsrechts Verkauft ein Gesellschafter seinen Anteil an der russischen GmbH (OOO) an einen Dritten unter Verletzung des Vorkaufsrechts der übrigen Gesellschafter, können die übrigen Gesellschafter die Übertragung der Anteile an sich selbst verlangen. Die Rechtsübertragung kann nur drei Monate ab Kenntnis von der Verletzung durch gerichtliches Gestaltungsurteil vor dem russischen Wirtschaftgericht … Weiterlesen

Die Abwicklung der russischen GmbH (OOO) durch Liquidation

Im Gegensatz zur Insolvenz bietet die Liquidation der russischen OOO aufgrund eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses den Gesellschaftern die Möglichkeit, die Löschung der Gesellschaft auf eigene Initiative ohne Fremdbestimmung zu betreiben. 1. Das Verfahren gliedert sich im Wesentlichen in folgende Schritte:   1.) Liquidationsbeschluss und Bestellung des Liquidators 2.) Veröffentlichung der Liquidation in den Amtsblättern mit Fristsetzung … Weiterlesen

Unternehmenskauf in Russland, arbeitsrechtliche Übernahmerisiken

1. Bestandsschutz von Arbeitsvertragen bei Betriebsübergang   Gemäß Art. 75 des russischen Arbeitsgesetzbuches („RusArbG“) geht das russische Arbeitsrecht grundsätzlich von einem Bestandsschutz der zum Betrieb gehörenden Arbeitsverhältnisse bei Betriebsübergang aus. Nach Art. 67 Abs. 2 RusArbG sind drei Tage nach dem Übernahmestichtag mit sämtlichen Arbeitnehmern Arbeitsvertrage in schriftlicher Form auszufertigen. Im Arbeitsbuch ist ein Vermerk … Weiterlesen

AGB Kontrolle nach russischem Recht

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind im russischen Geschäftsverkehr noch immer die Ausnahme denn die Regel   Hintergrund ist die mangelnde Kodifizierung des AGB-Rechts. Die AGB-Kontrolle findet ihren Anknüpfungspunkt im russischen Recht zum Vertragsbeitritt nach Art. 428 ZGB. Dies ist dogmatisch sehr zweifelhaft, hat aber mit dem deutschen Recht gemein, dass Der Schutzzweck auf den Schutz … Weiterlesen