Vertragsgestaltung im Auslandsgeschäft


Gerichtsstand

Vertragsgestaltung im Russlansgeschäft

Bereits eine Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens begründet einen örtlichen Gerichtsstand in Russland. Werden Forderungen aus einem Vertrag, der eine Schiedsabrede enthält, abgetreten, unterliegt die abgetretene Forderung ebenfalls diesem Gerichtsstand (Informationsbrief des Obersten Wirtschaftsgerichts vom 31. Mai 2000, Pkt. 15, Art. 12 Abs. 2 Wirtschaftsprozessordnung „WPO“). Die Wirtschaftsgerichtsbarkeit wird durch die „Arbitragegerichte“ ausgeübt. Die missverständliche Bezeichnung „Arbitragegericht“ hat jedoch nichts mit einer Schiedsgerichtsfunktion zu tun. Vielmehr handelt es sich um Organe der staatlichen Gerichtsbarkeit, die den Kammern für Handelssachen in Deutschland vergleichbar sind. Bei der Vereinbarung und Übersetzung von Schiedsklauseln und Gerichtsstandsklauseln muss unbedingt auf die korrekte Bezeichnung des Gerichts geachtet werden.

Trotz vieler Mängel in Entscheidungen und in Verfahren ist eine gerichtliche Entscheidung vor dem Wirtschaftsgericht nicht selten schneller zu erlangen als in Deutschland. Die geltende WPO sieht eine Zwei-Monats-Frist vor, in der das Gericht eine Entscheidung zu fällen hat. Diese wird jedoch in der Praxis häufig nicht eingehalten. Insbesondere die Praxis der russischen Gerichte, immer wieder neue Verhandlungstermine zur Beratung von Einzelfragen anzuberaumen, wirkt verfahrensverzögernd.

Problematisch ist zugleich eine andere Voraussetzung für die Durchführung der Verhandlung. Die Klage muss dem Beklagten, wie das natürlich auch in Deutschland üblich ist, zugestellt werden. Die Zustellung erfolgt auf dem Postweg. Erst wenn beim Gericht eine Art Empfangsbestätigung aktenkundig ist, wird terminiert. Gerade die Zustellung wirkt oft verzögernd. Möglich und auch empfehlenswert ist daher u. U. eine Parteizustellung. Sofern man in Russland gegen einen ausländischen Beklagten klagt, sollte man gleich an entsprechende Nachweise dieser Zustellung denken und sich solche entsprechend vom Beklagten ausstellen lassen. Häufig gelingt es erst in der zweiten Instanz oder im Kassationsverfahren, eine korrekte Rechtsanwendung durchzusetzen.

Aus dieser Erfahrung heraus ist grundsätzlich zu empfehlen, Schiedsklauseln zu vereinbaren. Insbesondere das Schiedsgericht bei der russischen IHK hat einen Entscheidungsstandard, der auch internationalen Erwartungen entspricht. Häufig anzutreffende Vorbehalte sind insofern als nicht gerechtfertigt anzusehen. Der Vorteil liegt auf der Hand. Zum einen kann man sich selbst vertreten und man hat die Möglichkeit einen von 3 Schiedsrichtern selbst auszuwählen. Der Schiedsspruch ist abschließend und kann nur aus bestimmten formellen Gründen angefochten werden. Darüber hinaus sind die Entscheidungen internationaler Schiedsgerichte in Deutschland und in Russland vollstreckbar. Ein Schiedsgerichtsurteil ist schneller zu erlangen und von mehr wirtschaftlichem Sachverstand geprägt. Allerdings ist ein Schiedsverfahren auch erheblich teurer.

Vollstreckung

Russland hat mit Deutschland kein bilaterales Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gerichtsurteilen geschlossen. Entscheidungen deutscher Gerichte sind in Russland deshalb nicht vollstreckbar. Um einen Anspruch gegen ein russisches Unternehmen in Russland zwangsweise durchsetzen zu können, muss der Vollstreckungsgläubiger ein russisches Arbitragegerichtsurteil (Wirtschaftsgericht) oder ein – russisches oder ausländisches – Schiedsurteil vorweisen. Die staatlichen Gerichte erklären nur ihre eigenen Entscheidungen oder russische oder ausländische Schiedsurteile für vollstreckbar. Einstweilen sollte zur Durchführung der Vollstreckung ein Beschluss des Wirtschaftsgerichts zur „Klagesicherung“ beantragt werden.

Die Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs erfolgt gemäß dem New-Yorker Abkommen, an dem die Russische Föderation beteiligt ist. Zu diesem Zweck muss der jeweilige Vollstreckungsgläubiger eine Vollstreckbarkeitserklärung beim Obersten Gericht des jeweiligen Gebietes beantragen. Alle Anlagen des Antrages müssen apostilliert und übersetzt und notariell beglaubt sein. Der Liefervertrag mit der Schiedsklausel ist im Original und in einer notariell beglaubigten Abschrift vorzulegen.

Ein Vollstreckungstitel, der auf Geldzahlung lautet kann vom Vollstreckungsgläubiger an die Bank, die das Konto des Schuldners führt, abgegeben werden. Dies lohnt sich, wenn der Vollstreckungsschuldner über ein ausreichendes Kontoguthaben verfügt. Die Bank hat dann innerhalb von drei Tagen zu leisten oder den Titel mit einem Vermerk über seine Nichtvollstreckung zurückzugeben. Im Übrigen wird der Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragt.

© Rechtsanwalt Stefan Geisthardt